Interview mit Prof. Dr. Justus Wesseler, Wageningen – „True Costs“

F: Was versteht man unter dem „True Cost“ Ansatz?
A: Im Prinzip geht es beim „True Cost“ Ansatz darum, zusätzliche Kosten, die noch nicht in den Preisen, die wir an der Ladentheke finden, einzupreisen. Es handelt sich zum Beispiel um Auswirkungen, die die Produktion von Lebensmitteln auf die Umwelt hat, wie zum Beispiel Methanemissionen oder Stickstoffeinträge in die Umwelt. Und die versucht man zu bewerten und dem bestimmten Produkt zuzuordnen.

F: Welche Vor- oder Nachteile hat dieser Ansatz?
A: Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass er uns aufzeigen kann, inwieweit bestimmte Produkte mit Umweltproblemen in Zusammenhang zu bringen sind. Der Nachteil ist, dass dieses nicht immer sehr einfach ist und von der Berechnungsmethode sehr stark abhängig ist. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in dem Bereich Maßvorgaben sehr schwierig umzusetzen sind. Das heißt, wenn Sie „True Cost“ Accounting sich anschauen, je nach Gruppe oder Unternehmen oder berechnendes Institut, sie unterschiedliche Ergebnisse finden werden, die sehr stark von ein anderer abweichen können.

F: Können durch den „True Cost“ Ansatz Preise exponentiell steigen?
A: Damit muss man nicht rechnen. Die „True Cost“ Accounting wird hauptsächlich herangezogen, um auf bestimmte Umweltwirkungen hinzuweisen und das hilft dann zum Beispiel auf politischer Ebene bestimmte Umweltmaßnahmen zielgerichteter umsetzen zu können. Ob es dann zu höheren Kosten kommt, hängt immer davon ab, wie diese Umsetzung stattfindet.

F: Wie steht die Wissenschaft zum Modell des „True Cost“ Ansatzes?
A: In der Wissenschaft ist dieser Ansatz nicht unumstritten. Es geht darum, dass die Warenkosten, die über die Produktion von Nahrungsmitteln zum Beispiel entstehen, häufig in den Preisen eigentlich schon aufgefangen sind, weil wir eine Reihe von Umweltmaßnahmen und andere politische Maßnahmen haben, die dafür sorgen sollen, dass die negativen Auswirkungen von zum Beispiel Emissionen in die Entscheidung der einzelnen Entscheidungsträger miteingepreist werden, wie zum Beispiel über Umweltpolitik.
Wir haben Auflagen zum Stickstoffmitteleinsatz, Auflagen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz. Dann ist die Frage, inwieweit da die True Costs nicht zusätzlich ein Verzerrung in die Diskussion mit einbringen.

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