In Indien werden über 300 Millionen Rinder gehalten – damit ist Indien ein absoluter Gigant in der Rinderhaltung auf dem Weltmarkt. Erstaunlicherweise hat das Land aber nur ein Viertel des CO2-Fußabdrucks von Deutschland. Hohe Viehbestände müssen also nicht zwangsläufig mit hohen CO2-Emissionen verbunden sein.
Zur besseren Einordnung der Zahlen: In den USA gab es zum Stichtag 1. Januar 24 rund 87 Millionen Rinder, in Brasilien rund 215 Millionen.
Damit ist Indien nicht nur der größte Rinderproduzent der Welt, sondern auch der zweitgrößte Rindfleischexporteur – vor allem von Büffelfleisch. Offiziell exportiert Indien kein einziges Kilo Rindfleisch, sondern ausschließlich Büffelfleisch.
Die Stadt Aligarh, knapp 150 Kilometer östlich von Delhi, ist das Zentrum der indischen Fleischindustrie. Hier steht einer der modernsten und größten Schlachthöfe des Landes. Täglich werden hier rund 300 Tonnen Büffelfleisch produziert und tiefgefroren.
Eigentümer ist der Lebensmittelkonzern Allana, der fast ausschließlich für den Export produziert. Die starke Exportorientierung ist vor allem auf die in den letzten Jahren zunehmende Radikalisierung des Hinduismus im Land zurückzuführen, dessen Vertreter aus religiösen Gründen versuchen, das Schlachten von Rindern und auch von Büffeln zu verhindern. Und das, obwohl in Indien nur Kühe als heilig gelten und nicht geschlachtet werden dürfen, nicht aber Büffel.
Investitionen in neue Schlachthöfe tätigt die Firma Allana seit Jahren nur noch im Ausland, z.B. in Äthiopien. In Indien selbst sieht sie sich Kampagnen radikaler Hindus ausgesetzt, die der Firma vorwerfen, nicht nur Büffel, sondern auch Kühe zu schlachten. Die Selbstjustiz gegen vermeintliche Rindfleischsünder hat erschreckend zugenommen, bis hin zum Lynchmord. Die zunehmende Radikalisierung ist aber auch für die Tiere gefährlich. In vielen Bundesstaaten dürfen auch Büffel nicht mehr zum Schlachten verkauft werden, wenn sie keine Milch mehr geben. Um sie nicht füttern zu müssen, lassen viele Bauern ihre Kühe dann einfach auf die Straße, wo sie sich von Abfällen ernähren und oft Opfer von Verkehrsunfällen werden. Dem versucht das Land nun mit speziellen Tierheimen für Kühe, den Goshalas, entgegenzuwirken. Goshalas haben in Indien eine lange Tradition. Sie nehmen alte Kühe auf, füttern sie und leisten auch tierärztliche Hilfe.
Während sich in Europa die Trennung von Milch- und Fleischproduktion bei der Tierhaltung durchgesetzt hat, gehört in Indien beides zusammen. Denn Büffel liefern in den ersten Jahren Milch für den riesigen heimischen Milchmarkt Indiens und können – im Gegensatz zu Kühen – nach dem Ende der Milchproduktion zur Fleischproduktion an den Schlachthof verkauft werden.
Tatsächlich ist Indien auch der größte Milchproduzent der Welt. Rund 111,8 Millionen Tonnen Milch werden jährlich produziert, hauptsächlich allerdings für den heimischen Markt. Milch ist eine wichtige Eiweißquelle für die überwiegend vegetarisch lebende Bevölkerung.
Das Land ist Milch-Selbstversorger, obwohl die indische Landwirtschaft als eine der ineffizientesten der Welt gilt. Zum Vergleich: In Europa gibt eine Kuh durchschnittlich 7500 Liter pro Jahr, eine indische Kuh nur etwa 1300 Liter Milch pro Jahr. Die Tiere leiden oft unter schlechtem Nährstoffmanagement, schlechter Behandlung und fehlender tierärztlicher Versorgung. Auch die Milchqualität ist problematisch: Der Bakteriengehalt ist um vieles höher als in Europa, die Milch ist stark mit Antibiotika und Schimmelpilzen belastet und wird oft mit Milchpulver und Wasser gestreckt.
Quellen:
https://www.topagrar.com/rind/news/indien-milchqualitaet-ist-eine-herausforderung-10121596.html
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/indien-milch-und-fleischgigant-trotz-heiliger-kuehe/14687780.html
https://www.landundforst.de/tier/rind/indien-groesster-milcherzeuger-welt-568187
https://www.wochenblatt-dlv.de/feld-stall/tierhaltung/faktencheck-indien-rindergigant-kleinem-co2-fussabdruck-576599
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/heilige-kuehe-in-indien-letzte-tage-im-tierasyl
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/indien-milch-und-fleischgigant-trotz-heiliger-kuehe/14687780.html
https://www.fr.de/panorama/milchskandal-erschuettert-indien-11315804.html