Ypsilon hilft vorherzusagen, wie sich die Witterungsverhältnisse auf den Ernteertrag auswirken werden. Die Auswertungen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass im Falle fortschreitender Klimaveränderungen die Erträge in Europa signifikant sinken werden. Wie wird sich der Klimawandel auf die europäischen Erträge auswirken, und ist Ypsilon auch in der Lage, die Erträge in diesem sich wandelnden Umfeld korrekt vorherzusagen?
Dr. Heike Bach: YPSILON an sich ist grundsätzlich erstmal ein großräumiges Monitoring Tool für die aktuelle Saison und spricht keine Handlungsempfehlung aus. Es nutzt eine statistisch repräsentative Anzahl an Stichproben (mehrere hunderttausend Punkte über Europa verteilt), um den Ertrag für Regionen und Länder vorherzusagen, aber es betrachtet nicht jedes einzelne Feld. Das kann man natürlich auch machen, dann ist man im Bereich unserer TalkingFields Services.
Robert van der Kooy: Durch den Klimawandel werden die Erträge stärker schwanken und daher wird es wichtiger denn je sein, die Erntemengen richtig vorhersagen zu können. Im Jahr 2018 erlebte Europa eine extreme Dürre. Ypsilon hat sehr früh in der Saison richtig vorhergesagt, dass die Erträge sehr enttäuschend ausfallen werden. Auch die Auswirkungen der Rekordhitze im Jahr 2019 wurden durch das Ypsilon-Modell richtig erfasst. Da Ypsilon das gesamte Pflanzenwachstum simuliert, sind wir in der Lage, selbst unter den widrigsten Witterungsbedingungen Vorhersagen zu treffen.
Dr. Heike Bach: Grundsätzlich gab es in den letzten 10 Jahren vor allem in Osteuropa immer noch einen Trend zu höheren Erträgen, aber die Dürrebedingungen in Europa in den letzten Jahren mit den entsprechenden Ertragseinbußen sind ein Phänomen, das unter den Bedingungen des Klimawandels durchaus öfter vorkommen kann und wird. Glücklicherweise bietet die daten- und informationsgetriebene Landwirtschaft auch hier viele Möglichkeiten zur Mitigation, vom Anbau hitze- und dürrebeständigerer Sorten zu gezielter Beregnung. Auch hier können Satellitendaten hilfreich sein, denn man kann sowohl den Aufwuchs als auch den Wasserbedarf der Pflanzen ermitteln und dann mit präzisen Maßnahmen reagieren.
Was macht Ypsilon anders als andere Ertragsprognosesysteme?
Robert van der Kooy: Im Gegensatz zu den meisten Ertragsprognosesystemen, die nur Satelliteninformationen oder Wetterdaten verwenden, nutzen wir ein Pflanzenwachstumsmodell, bei dem wir das Pflanzenwachstum vollständig mit Wetter- und Satelliteninformationen simulieren. Dadurch erreichen wir eine hohe Genauigkeit, sind aber mit unserer Ertragsprognose bereits deutlich früher als die meisten anderen Prognostiker.
Die Kultur des Indoor Farming ist in den Niederlanden sehr ausgeprägt. Können die Ergebnisse der Ypsilon Ertragsprognose auch Einfluß auf Anbaustrategien in der Indoor Produktion haben?
Dr. Heike Bach: Indoor Produktion ist natürlich vom Satelliten aus nicht direkt zu sehen, und unterliegt auch sehr viel stärker kontrollierten Bedingungen als die Landwirtschaft auf dem Feld. Indoor können natürliche Unsicherheiten wie z.B. Wasserverfügbarkeit und Temperatur gesteuert werden. Diese Faktoren und noch viele weitere wie z.B. Strahlungsintensität und Wasserhaltefähigkeit der Böden berücksichtigt YPSILON in seinem Wachstumsmodell über meteorologische Mess- und Vorhersagedaten sowie Geländemodelle und Bodenkarten, um präzise Erträge vorherzusagen. Dabei konzentriert sich YPSILON auf die "großen Reihenfrüchte" - Weizen, Raps und Mais - während Indoor Farming sich oft auf Sonderkulturen konzentriert, die auf engerem Raum angebaut werden können.
Die Erkenntnisse der Ertragsprognose haben sicher einen Einfluß auf die gesellschaftliche Diskussion um Klimaveränderungen. Welche Rolle wird das Management von Ypsilon in der Klimadiskussion mit Politik und Verbänden einnehmen?
Robert van der Kooy: Ypsilon ist in der Lage, Ernteausfälle sehr früh in der Saison vorherzusagen und kann daher Politikern und Verbänden helfen, rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Dr. Heike Bach: YPSILON bietet hochauflösende Ertragsprognosen für die wichtigsten Anbaugebiete für Weizen, Raps und Mais in Europa. Damit deckt YPSILON alle wichtigen Trends in Europa in der aktuellen Saison ab, und kann durch den vorhandenen Rückblick (YPSILON Ertragsprognosen liegen ab 2017 vor) auch die Trends der letzten Jahre in den einzelnen Regionen schnell veranschaulichen. Damit ist es als Werkzeug für gezielte Maßnahmen auf europäischer Ebene durchaus geeignet, da es eben nicht nur zeigt, wie sich die Erträge insgesamt entwickeln, sondern auch, welche Regionen in der aktuellen Saison besonders von Witterungseinflüssen wie Dürre betroffen sind und damit ein Mittel zur Verfügung stellt, mit dem auch schon vor der Ernte gezielte Maßnahmen besprochen werden könnten, damit von politischer oder Verbandsseite schnell reagiert werden kann.